Astaxanthin und entzündliche Gelenkerkrankungen

Wie lassen sich Bioverfügbarkeit und Wirkung mit pharmazeutischen Technologien verbessern?

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Abstract

Astaxanthin gilt als stärkstes natürliches Antioxidans und gehört zur Familie der Carotinoide. Durch seine besondere Molekülstruktur (mit Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatomen) zählt es speziell zu den Xanthophyllen (1). Seine einzigartige Isomer-Struktur und die Tatsache, dass es keine pro-oxidativen Nebenwirkungen zeigt, wie z.B. Vitamin E, macht es zu einem wahren antioxidativen Wunderstoff (2).

Grundsätzlich kann natürliches Astaxanthin in einem einzigartigen biochemischen Vorgang von photosynthetischen Bakterien, Algen und Hefen hergestellt werden, es wird jedoch hauptsächlich aus zwei Organismen gewonnen, zum einen aus der Mikroalge Haematococcus pluvialis und zum anderen aus der Hefe Phaffia rhodozyma (Xanthophyllomyces dendrorhous) (3,4). Beide Organismen dienen als Quelle für den Wirkstoff Astaxanthin, wobei die mit Abstand höchsten Astaxanthin-Konzentrationen in der Mikroalge Haematococcus pluvialis zu finden sind. Laut Unionsliste für die EU ist nur die Haematococcus pluvialis Alge zur Weiterverarbeitung in Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen (5).

Chemisch unterscheidet sich Astaxanthin aus der Mikroalge Haematococcus pluvialis verglichen mit Astaxanthin aus der Hefe Phaffia rhodozyma erheblich, und weist eine unterschiedliche Bioaktivität auf (4,6).

Abbildung 1: Chemische Molekülstruktur von Astaxanthin (3).

Astaxanthin enthält in den seitlichen Cyclohexenon-Ringen je ein Stereozentrum. So können unterschiedliche Isomer-Strukturen realisiert werden. Die Stereoisomere (3S, 3’S) und (3R 3’R) kommen in der Natur am häufigsten vor. Die Mikroalge Haematococcus pluvialis biosynthetisiert das (3S, 3’S)-Isomer, während die Hefe Phaffia rhodozyma das (3R, 3’R)-Isomer produziert (7).

Die freien Hydroxylgruppen (OH-Gruppen) an beiden Enden des Astaxanthin-Moleküls können sehr gut mit Fettsäuren reagieren. So liegt das Astaxanthin in der Mikroalge, welches direkt an Fettsäuren geknüpft ist, als Monoester und Diester vor, je nachdem ob Fettsäuren mit einer Hydroxylgruppe oder mit beiden Hydroxylgruppen reagieren. Hefen sind hingegen nicht in der Lage diese veresterte Form zu bilden. Hier liegt Astaxanthin in freier Form vor. Diese kleinen Unterschiede in der Stereochemie sind dafür verantwortlich, dass Astaxanthin aus der Mikroalge Haematococcus pluvialis eine deutlich höhere Bioverfügbarkeit und eine bessere antioxidative Wirkung als die freie Astaxanthin-Form aus der Hefe Phaffia rhodozyma aufweist (6,8). Somit ist Astaxanthin aus der Mikroalge Haematococcus pluvialis die ideale Nahrungsergänzung mit der höchsten Effizienz.

Durch seine Hydroxylgruppen und Ketogruppen besitzt das Molekül Astaxanthin außerdem die Eigenschaft sich sowohl an hydrophile als auch lipophile Verbindungen zu binden. Aus diesem Grund kann es sich an Zellmembranen von außen sowie innen knüpfen und dadurch seine positive Wirkung im gesamten Körper entfalten (3,9).

Abbildung 2: Position von Astaxanthin in der Zellmembran im Vergleich zu anderen aktiven Molekülen (10).

Unter Bioverfügbarkeit versteht man das Maß, in welchem Umfang der menschliche Körper Inhaltsstoffe aufnehmen kann. Ohne Bioverfügbarkeit können Nährstoffe und Pflanzeninhaltsstoffe, die besonders wichtig sind, ihre gesundheitsbezogenen Wirkungen im Körper nicht entfalten. Während die Bioverfügbarkeit von wasserlöslichen (hydrophilen) Inhaltsstoffen (z.B. Vitamin C) recht hoch ist, gilt das Gegenteil für fettlösliche (lipophile) Inhaltsstoffe (z.B. Astaxanthin). Wasserlösliche Inhaltsstoffe passieren aufgrund ihrer ultrafeinen Auflösung leicht die Dünndarmmembran, während fettlösliche Stoffe leicht aneinander haften bleiben und Membranen weniger gut passieren können. Hierbei helfen kleinere Mizellenstrukturen weiter. Gerade fettlösliche Substanzen, wie Astaxanthin, können durch biotechnologische Verfahren besser verfügbar gemacht werden. Durch Veredelungstechnologien werden die natürlichen Prozesse im Körper nachgeahmt, so dass die wertvollen bioaktiven Inhaltsstoffe schneller und besser in das Blutplasma transportiert werden können (11,12).

Zusätzlich lässt sich eine Verbesserung der Bioverfügbarkeit von Wirkstoffen durch geeignete pharmazeutische Technologien und Darreichungsformen realisieren. Gums zum Beispiel, vereinen die angenehme Einnahme ohne zusätzliche Wasseraufnahme mit einer verbesserten Bioverfügbarkeit der eingesetzten Inhaltsstoffe. Bei dieser Produktionstechnologie spielen drei Faktoren eine wichtige Rolle:

  • buccale Resorption bei der Auflösung im Mund
  • integrierte Penetrationsbeschleuniger wie Glycerin, welche den aktiven Transport durch die Mundschleimhäute verstärken
  • Darreichung einer festen Lösung (solid solution) zur zusätzlichen Verbesserung der Bioverfügbarkeit im Magen-Darm-Trakt

Diese technologischen Prozesse tragen zu einer hohen Verfügbarkeit der Inhaltsstoffe in Kombination mit großer mechanischer Stabilität und größerer Langzeitstabilität bei (13,14).

Wie wirkt Astaxanthin auf Gelenkserkrankungen

Unter Gelenkserkrankungen oder Arthropathie versteht man eine degenerative, entzündlich, metabolisch, rheumatisch oder infektiös verursachte Erkrankung der Gelenke (15). Aktuelle Studien in diesem Bereich scheinen eine positive Wirkung von Astaxanthin bei Gelenkserkrankungen zu bestätigen.

Arthrose ist laut WHO einer der häufigsten Gründe für körperliche Einschränkungen in Industrieländern. Die Wahrscheinlichkeit, Arthrose zu entwickeln nimmt mit dem Alter zu. Erste Beschwerden treten häufig zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf. Ursachen für eine Arthrose können neben einer genetischen Disposition auch schwere körperliche Arbeiten sein. Sportliche Betätigung kann je nach Sportart potenziell Arthrose-fördernd sein (z.B. Kontaktsport, Skisport, Tennis oder Fußball) oder diese lindern (z.B. Radfahren, Wandern oder Schwimmen) (15). Aufgrund der entzündungshemmenden Wirkung von Astaxanthin legen neueste klinische und experimentelle Studien nun nahe, dass eine Supplementierung mit dem natürlichen Algenwertstoff eine positive Wirkung auf Arthrose hat.

Abbildung 3: Entzündungsherde in unterschiedlichen Gelenken.

Sowohl in einer in vitro als auch in einer in vivo Versuchsreihe mit Mäusen von Sun, K. et al. wurde die entzündungshemmende Wirkung von Astaxanthin mit Hinblick auf Arthrose nachgewiesen. Die Studie zeigt die Reduktion von entzündungs-relevanten Mediatoren (IL-1β, Nrf2), die für die Entstehung von Arthrose relevant sind. (Abbildung 4). Darüber hinaus verweist die Studie auch auf den bekannten antioxidativen Effekt von Astaxanthin (16). Zwei weitere Studien mit Ratten liefern ähnliche Ergebnisse. Park, M. H. et al. fügten dem Futter von Ratten für drei Wochen ein Supplement aus natürlichen Astaxanthin, Krillöl und Hyaluronsäure bei. Dabei zeigte sich, dass die Astaxanthin-Gruppe unter wesentlich geringeren Gelenksschmerzen und Gelenkknorpelschäden litt, als die Kontrollgruppe (17). In einer weiteren Studie zeigte Kumar, A. et al. die Reduktion von Ödemen an Beinen von Ratten, sowie erneut die entzündungshemmende und antioxidative Wirkung von Astaxanthin (18).

 

Abbildung 4: Schematische Darstellung der schützenden Effekte von Astaxanthin auf den Knorpel. Astaxanthin schwächt den Abbau der Extrazellularen Matrix (ECM) von Arthrose Chondrozyten durch Nrf2 Signalisierung und verbessert die IL-1β- induzierten entzündlichen Reaktionen und ECM Abbau durch die Blockade von MAPK Signalen (16).

Im Gegensatz zur degenerativen Arthrose handelt es sich bei einer rheumatoiden Arthritis um eine Gelenkentzündung. Auch wenn die Entstehung beider Krankheiten unterschiedlich ist, werden beide durch eine Funktionsstörung der Chondrozyten (Knorpelzelle) charakterisiert. Diese Funktionsstörung führt zur Entzündung und der Aktivierung von matrix-abbauenden Proteinasen, was in weiterer Folge zum Abbau des Gelenkknorpels führt. In zwei experimentellen Studien mit menschlichen Zellen wurde nachgewiesen, dass natürliches Astaxanthin auch hier therapeutisches Potential aufzeigt. Durch die Reduktion von matrix-abbauenden Proteinasen könnte Astaxanthin ein positives Supplement bei der Behandlung von Arthritis werden (19,20). Auch wenn die Forschung in diesem Bereich noch nicht auf klinische Versuchsreihen am Menschen zurückgreifen kann, so liefern die Tierversuche durchaus positive Indizien und es ist nicht unwahrscheinlich, dass natürliches Astaxanthin für Menschen mit Gelenkserkrankungen hilfreich sein kann.

Im Bereich der Schmerzreduzierung bei rheumatoider Arthritis, Karpaltunnelsyndrom, Gelenk- und Muskelschmerzen bei stark trainierenden Sportlern sowie im Bereich der Verbesserung der Beweglichkeit bei Tendinitis (Tennisarm) konnten durch die Aufnahme von Astaxanthin bereits positive schmerzlindernde Effekte dokumentiert werden. Eine Kombination von Astaxanthin mit weiteren bioaktive Substanzen, wie Hyaluronsäure, Kollagen, Omega-3 Fettsäuren, Glucosamin und Chondroitin kann sich ebenso positiv auswirken, wie natürlich vorkommende Bioenhancer, durch die die Wirksamkeit von Nuraceuticals gesteigert werden kann. So könnte auch die Wirkung von Astaxanthin durch Bioenhancer unterstützt werden. Bisher wurden diese fast ausschließlich in Pflanzen festgestellt. Am bekanntesten ist Piperin (im Pfeffer), aber auch Substanzen aus Curry, Ingwer und Curcuma gehören zu diesem Kreis (21,22).

Die Bioverfügbarmachung von fettlöslichen Wirkstoffen rückt immer mehr in den Fokus von Forschungen und Entwicklung. Vor allem das natürliche Astaxanthin aus der Mikroalge Haematococcus pluvialis zeigt an dieser Stelle eine vergleichsweise überragende Bioverfügbarkeit auf. Zahlreiche klinische Studien zu diesem Thema befinden sich zwar erst am Anfang, aber der stetig wachsende Trend zu natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln treibt die Wissenschaft voran.

Über BDI-BioLife Science

BDI-BioLife Science ist Spezialist für die Entwicklung von innovativen Technologien zur Herstellung von hochqualitativen Algen-Wertstoffen für die LifeScience-Industrie. In der im Ökopark Hartberg/Österreich, gelegenen Kultivierungs-Anlage stellt die BDI-BioLife Science mit dem eigens entwickelten, geschlossenen Algenzuchtverfahren natürliches Astaxanthin maßgeschneidert für die Kosmetik- (AstaCos®) und Nahrungsergänzungsmittel-industrie (AstaFit®) her.

 

 

Autor:

Katharina Müller, DI & Monika Siebel, Dr.

Katharina Müller is former Head of Product Development at BDI-BioLife Science. She studied biotechnology at the Technical University of Graz and was involved in the development of the company’s own algae cultivation process. With her team, she works on the optimisation of algae-based active ingredients, the development of innovations and customised product concepts.

Monika Siebel responsible for sales in DACH-Region and Global Key Accounts at BDI-BioLife Science. She completed her doctorate in oecotrophology at the Rheinische Friedrich-Wilhelms University in Bonn. She has many years of experience in the field of functional raw materials for food supplements & health-related products, product development of life science products and the preparation of scientifically sound, customer-specific concepts.

 

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